The Pink Road House
In Marla war die Zeit des Abschieds gekommen. Abschied vom Stuart Highway, von den Road Trains, von der Masse der „grey nomads“ und für gute 700km von geteerten Strassen. Marla war für uns das Eingangstor zum Oodnadatta Track. Dieser Track war vor langer Zeit die Haupthandelsroute der Aboriginals und so auch Vorlage für die Bahnstrecke von Darwin nach Adelaide. Der Grund erschliesst sich bei genauerer Betrachtung sehr schnell, auch wenn die Landschaft extrem trocken ist, befinden sich diverse Quellen entlang des Tracks, allesamt gespeist aus dem „Großen Artesisches Becken“. Teilweise ist das Wasser sehr mineralhaltig, aber zum Überleben durchaus geeignet. Was beim Bau der Bahnstrecke leider nicht bekannt war, es regnet in dieser Region manchmal halt doch und dann stehen grosse Teile unter Wasser. Das führte immer wieder zu Problemen mit der Bahnverbindung durch Überschwemmungen und Unterspülungen. So wurde die Strecke in den 80er Jahren parallel zum Stuart Highway neu gebaut. Für einige Bewohner des Oodnadatta Tracks war dies ein wirtschaftlicher Totalschaden. Sie verliessen die Gegend und hinterliessen „viele“ kleine Häuser, Bahnwartungsstationen, Bahngleise und -schwellen.
In Marla nutzen wir die gute Internetverbindung für die weitere Tourenplanung, unser Visum lief schliesslich Ende des Monats aus, und buchten den Flug nach Namibia. Auch ein neuer Blogeintrag war mehr als fällig. Zudem mussten wir uns etwas auf die bevorstehenden Tage vorbereiten. Der Oodnadatta Track bietet nur etwa alle 200km eine Versorgungsstation. Unser erstes Ziel war das Pink Roadhouse, knapp 220km von Marla entfernt. Es war gerade nicht übertrieben heiß und die Piste sollte recht gut fahrbar sein, so luden wir etwa 30 Liter Wasser und Verpflegung für 4 Tage. In Marla wurde uns „versprochen“ dass uns bis zu 100 Autos pro Tag uns passieren würden. Da bedeutete für uns, Wasser sollte nicht allszu problematisch sein. Wir nahmen trotzdem ausreichend Wasser für 2 Übernachtungen mit, die 220km bis zum Pink Roadhouse sollten gut in der Zeit zu schaffen sein.
Am Tag der Abfahrt, einem Montag, mussten wir noch mit South Afrika Airways telefonieren um zu klären ob unser Tandem denn nun tatsächlich mit in den Flieger passen würde oder nicht. Zum Glück bekamen wir eine positive Info und so konnten wir unsere Tickets final buchen. Warum dies nicht am Wochenende entschieden werden konnte, keine Ahnung. So kamen wir relativ spät los und waren auf den ersten Kilometern überrascht dass die Piste in einem deutlich besseren Zustand war als der Mereenieloop. Also keine so sandigen Schiebe-Passagen oder allzu steiniger Belag oder sehr schlimmes Waschbrett. Wir kamen recht gut voran und suchten nach etwa 80km einen Schlafplatz. In dieser Gegend einen Platz suchen war ein Genuss. Es ist aussichtslos sich hinter Bäumen, Büschen oder Hügeln verstecken zu wollen, um den Blicken neugieriger Autofahrer zu entgehen. Es gibt sie nämlich nicht, also die Bäume, Büsche oder Hügel und auch die Autofahrer nicht. Autos trafen wir statt der angesagten bis zu 100, genau 4 am ersten Tag. Also suchten wir uns eine nette Stelle, einfach ein paar „zig“-Meter abseits der Strasse. Tatsächlich passierte uns noch ein Auto als wir am Lagerfeuer sassen, notiz von uns nahm es allerdings nicht. Die Nacht war so unfassbar wunderbar ruhig, klasse. Die nächsten 2 Tage bis zum Pink Roadhouse waren sehr ähnlich. Wir fuhren durch eine verdammt karge Landschaft (man sieht es auf den Bildern ganz gut), begleitet von tausenden aufgeregten Fliegen und ein paar wenigen Allradautos. Am Nachmittag des 3. Tages erreichten wir Oodnadatta mit dem Pink Roadhouse. Bereits als wir Oodnadatta erblickten waren wir sehr überrascht von der Grösse. Fast müsste man es Ort, Dorf oder so „schimpfen“. Mehr als 5 oder 6 Häuser, ein Roadhouse, ein Campingplatz und ein kleiner Supermarkt, wahnsinn.
William Creek Hotel
Am Morgen füllten wir unsere Verpflegungsvorräte in Oodnadatta mit ein paar Nudeln, einigen Tomaten und Brot wieder auf. Müsli und Haferflocken sollten wir noch ausreichend haben. Selbst eine gefrorene Flasche Wasser, zur Kühlung der Lebensmittel in Bob (unserem Hänger) konnten wir in Oodnadatta ergattern. Es war zwar nicht besonders heiß, dennoch fühlen sich Käse und Gemüse wohler, wenn die Temperaturen deutlich unter 30 Grad liegen. Tagesziel für diesen Tag war Algebuckina Bridge, die längste Eisenbahnbrücke Südaustraliens und gleichzeitig eine Quelle mit trinkbarem Wasser. Die Brücke ist natürlich nicht mehr im Einsatz, aber das stört hier niemanden. Es ist die längste Brücke in Südaustralien, auf solche „Rekorde“ stehen die Australier. Für uns war die Lage extrem praktisch, mussten wir doch so deutlich weniger Wasser mitschleppen. Auch lag die Brücke lediglich etwa 60km entfernt, was einen entspannten Radtag versprach. Am frühen Nachmittag erreichten wir Algebuckina Bridge und konnten so diese Oase in der Wüste herrlich auskosten. Ein „Vollkörperbad“ nach einem staubigem Tag auf dem Rad ist doch erheblich erfrischender und viel angenehmer als ein Waschen mit 750ml Wasser (unseren normale Wüstenwaschration). Der recht moderige Untergrund liess und kurz an der Trinkbarkeit des Wasser zweifeln, da wir aber ohnehin keine Wahl hatten, verdrängten wir diese Zweifel schnell wieder. Ein bisschen schmeckten wir den Untergrund aus dem Wasser heraus, trinkbar war es dennoch, jedenfalls hatten wir keine Folgeprobleme. Unser einziges Problem, neben den Fliegen, war die Feuerholzsuche. Da der Spot recht beliebt und bekannt ist, war es nicht so einfach wie in der Vergangenheit ausreichend Holz für unsere Feuerstelle zu finden. Netterweise griff unser Nachbar, der einzige zum Glück, uns unter die Arme und teilte sein Brennholz grosszügig mit uns. So sind sie die „grey nomads“, immer hilfsbereit und sehr freundlich, teilweise allerdings auch nervig, weil sie einfach alle dieselben Fragen stellen. Aber für Brennholz liefern wir die Antworten gerne.
Die nächsten Tage waren mehr oder weniger, gewöhnliche Wüstenradtage. Staubig, ein paar Autofahrer, weite Landschaften, recht sonnig warm, hoppeliger Untergrund, wunderbar ruhige Nächte und einfach schön. Wir lieben solche Strecken, einzig die Fliegen können unsere Freude über die Strecke und diese fantastischen Nächte in dieser Einsamkeit etwas trüben, vor allem in den Pausen. Das verrückte ist, diese Fliegen interessierten sich überhaupt nicht für unser Essen in den Mittagspausen, sondern ausschlieslich für uns, genau genommen für Augen, Ohren und Nase. Glücklicherweise dies aber nur in der warmen Zeit zwischen Sonnenauf- und untergang. Sobald abends die kühle Luft oberhand gewinnt sind die Fliegen wie von Zauberhand verschwunden. Ein ähnliches Bild morgens, sobald die Sonne die Umgebung ausreichend aufgewärmt hat, geht es los. Wir versuchen also unser Frühstück mit dem ersten Tageslicht einzunehmen, dann können wir erheblich entspannter und ohne Fliegennetz essen. Tagsüber auf dem Rad lassen diese Plagegeister ab einer Geschwindigkeit von etwa 25-30kmh uns in Ruhe, ausser der Wind kommt von hinten, dann haben wir keine Möglichkeit sie abzuschütteln. Und 25kmh oder schneller ist auf dieser Piste nicht mit gutem Gewissen zu fahren und oft auch nicht zu erreichen. So waren die Fliegen unsere ständigen Begleiter und nervten, nervten, nervten. Gegen späten Nachmittag des 2 Tages erreichten wir William Creek Hotel und gönnten uns ein Ankunftsbier. Leider gabe es entgegen unserer Planungen überhaupt nichts in William Creek zu kaufen, kein Shop auch sei er noch so klein. Wir mussten uns eine Fehlplanung bei unseren Vorratseinkäufen eingestehen. So gab es Burger und Pommes statt selbstgekochte Nudeln zum Abendbrot und Frühstücksbuffet statt Müsli am Morgen.
Marree
Nach dem üppig genutzen Frühstücksbuffet brach bereits unsere letzte 200km Etappe auf dem Oodnadatta Track an. Der Weg nach Marree, dem südlichen Ende des Oodnadatta Tracks, hielt auch wieder einige erstaunliche Überraschungen für uns bereits. Zuerst war die Piste plötzlich in einem erstklassigem Zustand. Die Bauarbeiter hatten 1a Arbeit abgeliefert. Dann trafen wir auf Frischwasserquellen, Wüsten-Möwen (keine Ahnung, ob es diese Bezeichnung gibt, aber mitten in der Wüste an einem Wasserloch Möwen), gelangweilte Schrottverwerter die aus Auto- und Flugzeugteilen lustige riesige Skulpturen fertigen, Australiens längstem Bauwerk, den Dogfence (ein müder Versuch die Dingos fern der Schafherden zu halten), einen riesigen See ohne Wasser (dafür mit Yachtclub, der alle Jubeljahre seine Boote ins Wasser bekommt), Campfeuer mit historischen Bahnschwellen, vereinsamte Bahnhöfen und immer wieder klasse Übernachtungsplätzen. Leider ist dieser Blog schon viel zu lang um alles im Detail zu schildern und ausserdem brauchen wir ja auch noch Erzählstoff wenn wir wieder in Deutschland sind, so belassen wir es einfach mal mit einem Überblick für diesen Streckenabschnitt. Nur eines ist sicher, uns hat es super gut gefallen, ähnlich wie die bisherigen Abschnitte auch.
Unser Fazit zum Oodnadatta Track: Wir haben die Strecke absolut genossen. Die Weite, die Stille, das Bushcamping, die ganzen Überraschungen, die spärlich wechselnden Landschaften usw. Für uns gehört dieser Track zu den nettesten (und immernoch einfach zu fahrenden) Pistenstrecken in Australien. Schwierig und kompliziert wird der Track sicher nach Regenfällen oder im australischen Sommer (Temperaturen von 50 Grad ohne Schatten sind zu erwarten und als Radler kein Spass mehr), in allen anderen Zeiten ist der Track ein wahrer Genuss, wenn man solch aride Gegenden mag. Natürlich gehört etwas Erfahrung und Planung dazu hier mit dem Rad zu fahren, aber die haben wir. Sicher wir waren nicht die ersten und werden auch nicht die letzten Radfahrer gewesen sein, trotzdem sind die meisten Autofahrer und Anwohner superfreundlich und teilweise besorgt, in jedem Fall aber sehr hilfbereit. So verdient diese 620km lange Piste unsere Nachradelempfehlung.
Sehr schön… aber bisschen staubig würde ich sagen.. Danke!