Mataranka

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In Katherine mussten wir uns für die weitere Route gen Süden entscheiden. Zur Auswahl standen der Stuart Highway und der Tanami Track. Versprach der Stuart Highway viele Road Trains, Campervans, Motorhomes und noch mehr Touristen, aber auch einfache Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln, so bot der Tanami Track beinahe das komplette Kontrastprogramm. Grosse Abstände zwischen den Versorgungsmöglichkeiten, kaum Wasserstellen und jeder erdenkliche Pistenzustand, dafür aber auch wenig Touristen und viel Ruhe. Das Ganze auf ungefähr 1000km Länge. Wir fragten viel herum und bekamen eigentlich nur Hinweise darauf, dass der Tanami Track zur Zeit für Radfahrer mit Gepäck eine sehr grosse Herausforderug darstellt. Nach langem Überlegen entschieden wir uns für den Stuart Highway. Wie richtig diese Entscheidung sein sollte, erfuhren wir aber erst als wir Adam auf dem Stuart Highway trafen. Adam war auf dem Weg gen Norden und hatten versucht den Tanami Track vom Süden her zu befahren. Nach gut 300km musste er sich eingestehen, dass dies aktuell nicht so einfach geht und ist umgekehrt. Das Wellblech der Piste wäre zu heftig und der Sand über lange Strecke zu tief. Adam hat viel geschoben, getragen und geflucht. Zu unserer Entscheidung den Stuart zu fahren, beglückwünschte er uns, weil er sich sicher war, dass wir mit unserem Tandem kaum eine Chance gehabt hätten den Track zu befahren.

So starteten wir auf dem Stuart Highway gen Süden, unsere erste Tagesetappe sollte uns nach etwas über 100km nach Mataranka führen. Dort gibt es die Bitter Springs, eine heisse Quelle mit einem kleinen Flusslauf in denen man wunderbar baden können sollte. Wir waren gespannt und machten uns motiviert auf den Weg, waren aber bereits nach 10km ziemlich genervt und fragten uns, ob der Stuart Highway wirklich die richtige Entscheidung war. Nicht nur wir wussten von den Hot Springs, sondern alle Anderen auch, entsprechend nervig und reichhaltig war der Verkehr. Ziemlich irritiert kamen wir in Mataranka an und freuten uns auf die Hot Springs. Zu unserem Erstaunen entpuppten sich die Bitter Springs als wahre Oase. Glasklares, wohltemperiertes Wasser, etwa 32 Grad, umsäumt von einem Palmenwald und mit nur Besuchern die irgendwie unabgesprochen um Ruhe bemüht waren. Die warme Quelle ist eher ein kleiner warmer Fluss. Hier kann man sich etwa 250m hinuntertreiben lassen, alles durch wunderbares warmes und glasklares Wassser. Wir waren schwer begeistert, hätten so etwas hier nie erwartet und blieben spontan 4 Tage, quasi die ganze Zeit im Wasser. Am schönsten war es natürlich in den Morgenstunden, kurz bevor die Sonne aufging und der Morgennebel noch auf dem Wasser lag. Das wissen natürlich auch andere Besucher und so fehlte es manchmal etwas an Einsamkeit 😉

Stuart Highway

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Nach 4 Tagen im glasklaren Wasser machten wir uns, mittlerweile extrem sauber, wieder auf den Weg. Der Stuart Highway wartete auf uns. Diese Hauptverbindung zwischen Darwin im Norden, und Adelaide im Süden und ist benannt nach John McDouall Stuart und hat eine Gesamtlänge von etwa 2700 km. Der Highway folgt in grossen Teilen den Spuren des ersten europäischen Australien-Süd-Nord-Durchquerers John Stuart und wir jetzt somit auch. John Stuart hat auf seiner Durchquerung viele Bäume mit einem hineingeschnitzten „S“ versehen, so konnte die Strecke nachvollzogen und für die erste Telegraphenmastverlegung genutzt werden. Wir haben uns immer wieder gefragt in welche Bäume und wie hat man diese immer wieder gefunden? Aber die Landschaft mag sich in den letzten Jahren ja verändert haben.

Das Radfahren auf dem Stuart Highway stellte sich für uns als erstaunlich einfach heraus. Der Verkehr liess hinter Mataranka deutlich nach, Versorgungsstationen für Wasser und Lebensmittel hatten einen radfahrerfreundlichen Abstand (d.h Wasser gab es etwa alle 100km und „Food“ alle max 300km), die Strecke war flach und das Wetter sommerlich freundlich, aber nicht heiß. Auch die „Road Trains“ (diese Trucks mit 3 Anhängern verdienen diesen Namen wirklich, einfach weil sie beim Überholen tatsächlich den Eindruck einen Zuges bei uns hinterlassen) vor denen alle warnen, überholten uns sehr vorsichtig und mit grossem Abstand. Trotzdem ist es nicht ganz „ohne“, der Windzug den ein solcher Road Train erzeugen kann ist schon enorm.

Langsam und mit wenig Hektik ändert sich auch die Landschaft immer mal. Viele Autofahrer werden diese Änderungen kaum bemerken, wir auf dem Rad sind allerdings so langsam unterwegs, dass uns jede Änderung auffällt. In den ersten Tagen radeln wir viel an Buschfeuern vorbei. Offiziell sind diese immer kontrolliert gelegt, in eine Art von Schachbrettmuster. Nur einmal beschlich uns der Gedanke, dass ein Feuer vielleicht doch etwas unkontrolliert sein könnte. Wir fuhren fast 100km entlang der verbrannten Landschaft und trafen immer wieder auf kleinere Brandherde. Eigentlich campen wir auch ganz gerne mal im Bush, wenn aber so ein Feuer in der Gegend ist, dann doch lieber nicht.

Roadhouses, Pubs und Country-Musik

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Die Roadhouses mit den dazugehörenden Pubs sind natürlich ein Highlight auf dieser Strecke. In regelmässigen Abständen erreichten wir eines und kehrten in jedes dieser „Traditionshäuser“ ein. Das Mindeste ist ein kaltes Getränk, oftmals übernachteten wir auf dem angeschlossenen Campingplatz und genossen die deftige Verpflegung. Wenn man den Stuart Highway als Tourist fährt, sollte man sich kaum eines dieser Roadhouses entgehen lassen. Viele stammen aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts und nur wenige versuchen den Sprung in die Neuzeit. Vielmehr wird versucht den Flair der „guten alten Zeit“ zu erhalten, so steht teilweise der Staub aus der Gründerzeit noch in vielen Regalen. In Einigen gibt es abends Live-Musik, meist im Country-Style, in allen gibt es eigentlich identisches Essen, Burger in verschiedenen Variationen, Steaks und Fritten. In den „neumodischen“ sogar Bier vom Fass, obwohl es eigentlich viel australischer zu sein scheint Bier aus der Dose im „Stubby-Cooler“ zu trinken. Einen Besuch empfehlen wir in fast allen Roadhouses, obwohl die Pubs in Larrimah, Daly Waters und vor allem Barrow Creek besonders freundlich auffallen. Meiden würden wir eigentlich nur das Roadhouse in Wycliffe Well, einfach weil hier eine 2 Personen Zeltübernachtung auf einer Kuhwiese teuerer ist als eine 6 Personen Wohnmobil-mit-Stromversorgung-Übernachtung und die Leute wirklich in Sachen Freundlichkeit noch Ausbaupotential haben. Und das alles, obwohl Wycliffe Well eigentlich eine sehr schöne Geschichte mit vielen Ufo-Sichtungen hat.

Kein wirkliches Roadhouse sondern eine Rinder-Farm (Station) ist Banka Banka Station. Hier wurden wir freundlichst empfangen, mussten für Camping und heisse Dusche nichts zahlen, bekamen kühle Getränke zu erstaunlich fairen Preisen und zu allem Überfluss eine gefrorene Wasserflasche zur Kühlung unserer Lebensmittelvorräte. Radfreundlicher geht es kaum und ist daher unsere absolute Empfehlung auf dieser Strecke.

Devil’s Marbles

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Die Devil’s Marbles, auch bekannt unter Karlu Karlu oder Karlwekarlwe, sind, soweit ich das verstanden habe, eine art weiter verwitterter Ayers Rock bzw. Uluru, wie er eigentlich heisst. Aus diesem ehemals einzigen grossen Granitblock ist im Laufe der Jahre eine steinernde, leicht übergrosse, Murmelsammlung geworden. Im grunde ist dieser Prozess nichts Besonderes und passiert weltweit, wohl auch am Uluru. Nur nirgends sind so grosse kugelförmige Steine entstanden wie hier. Es gibt sogar Touren die extra zum Sonnenuntergang in die Murmelsammlung kommen. Zurecht können wir sagen, bei Sonnenuntergang entsteht wirklich eine tolle Stimmung. Wir hatten das Glück dort kurz vor dem Abend unsere Tagesetappe zu beenden und schliefen auf dem Nationalpark-Campingplatz. Der Campingplatz war übervoll, so mussten wir leicht ausserhalb der Begrenzung im hohen Gras unser Zelt aufschlagen. Uns war es recht und für die Photos ist es ohnehin besser gewesen. Durch die Übernachtung an den „Marbles“ erlebten wir auch den Sonnenaufgang und irgendwie gefiel uns der Sonnenaufgang eigentlich noch besser als der Untergang, aber das müssen die Tourenteilnehmer ja nicht wissen. Er später erfuhren wir, dass, genau wie beim Uluru, die Ur-Australier es nicht gerne sehen, wenn auf den Steinen herumgeklettert wird. Wir haben das aus Unwissenheit leider getan und es tut uns leid……

Wind, Wind, Wind……

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Wer Australien vom Norden her über den Stuart Highway nach Süden durchquert, sollte um die Windverhältnisse wissen. Der Wind weht grundsätzlich aus dem Süden. Wir wussten es, waren aber sicher, wer patagonische Winde durchradelt hat, so wie wir, wird mit dem australischen Wind keine Probleme haben. Nach jetzt gut 2000km täglichem Gegenwind, fängt es doch langsam an uns zu nerven. Der Wind kommt wunderbar beständig und in leicht unterschiedlichen Stärken uns entgegen. Täglich weht uns irgendetwas zwischen einer „lauer Sommerabendbrise“ und einem friesisch herben Luftzug entgegen. An guten Tagen kommt der Wind mal seitlich, nicht zu sehr, aber immerhin. Im Norden, bei den höheren Temperaturen war der Gegenwind uns noch sehr willkommen, kühlt er doch ganz gut und die Temperaturen jenseits der 35 Grad sind deutlich besser auszuhalten. Je weiter südlich wir kamen umso mehr Kraft und Kälte mischte sich in den Wind und umso unangenehmer wurde er. Entsprechend froh waren wir nach 2000km Gegenwind und täglich „dicken“ Beinen, Alice Springs dann tatsächlich zu erreichen. In der Mitte Australiens waren endlich mal wieder ein paar Tage Pause fällig. Zur Belohnung für die Gegenwindschinderei buchten wir einen Ballonflug oder ist es eine Fahrt???, egal. Auf unseren Ballonausflug mussten wir 3 Tage warten, zuerst waren die Tage ausgebucht, dann war zu viel Wind. Am 4.Tag klappte es dann endlich, und wir wurden morgens kurz vor 6 Uhr am Campingplatz abgeholt. Der Flug dauerte leider nur 1 Stunde, trotzdem war es ein klasse Erlebnis so in das Morgenlicht hineinzuschweben. Sobald der Brenner aus war entstand eine fast unfassbare Ruhe. Und obwohl, ausser der recht flachen Landschaft, einer aufgehenden Sonne und 2 müder Kängäruhs wenig zu sehen war herrschte im Korb eine tolle Stimmung. Wir haben den Flug sehr genossen und können uns eine Wiederholung in Afrika auf einer Safari sehr gut vorstellen, dann sollte es auch mehr Tiere zu sehen geben. Die Idee an diesem Tag noch aufs Rad zu steigen begruben wir, nach dem traditionellen Gläschen „Champagner“, recht schnell.

 

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