Pünktlichkeit ist eine Zier…

La PampaKnapp 2000 Kilometer haben wir von Parana nach San Carlos de Bariloche zurückgelegt und waren so pünktlich in Bariloche um die Ersatzteile für die Rohloff-Schaltung in Empfang zu nehmen. Mit dem Paket konnten wir gleichzeitig noch ein paar andere kleine Probleme lösen, die in den letzten Wochen auftraten. So haben unsere „Privat-Postboten“ auch gleich noch einen frischen Hinterreifen, Universalladegerät, einen Zwischenakku plus ein bisschen Kleinkram mitgebracht und hatten so doch ganz ordentlich zu schleppen. Leider haben die Paketboten den „Bunte Teller“ zuhause vergessen oder selbst leergegessen, da rätseln wir noch. Trotzdem Riesendank an unsere internetscheuen Lieferanten.

Aufgrund des Zeitdrucks war das jetzt schon ein etwas hektischer Streckenabschnitt, etwa 100km täglich und das bei jedem Wetter. Zum Glück führte unsere „Etappe“ vom Parana durch die Pampa um am Ende die Anden in Bariloche zu treffen. Es stellte sich heraus, die Pampa ist im Grunde dafür gemacht mit dem Fahrrad viel Strecke in kurzer Zeit zu überwinden, ausser der Wind hat etwas dagegen. Das Höhenprofil ist der Hammer, flacher als Holland. Unglaublich, aber das geht.

Aber fangen wir doch vorne an.

Barrancas Bomberos

Gestartet sind wir früh morgens in Parana in der Hoffnung einen Bus am Bus-Terminal zu finden der uns über den Parana Fluss nach Santa Fe bringen sollte. Angekommen am Bus-Terminal erwarteten wir die Auskunft, das Tandem passt nicht oder muss in einen Karton oder welche Steine man uns auch immer in den Weg legen wollte. Bis jetzt endete unsere Versuche mit dem Tandem einen Bus zu nutzen immer mit solchen Argumenten. Nichts von all dem ist eingetreten, im Gegenteil. Wir kauften ein Bus-Ticket und konnten Gepäck und Tandem ohne besondere Verpackung in den Bus einladen.

Bei der Fahrt durch den Tunnel unter dem Parana, wurde auch sehr schnell klar, warum Radfahrer durch diesen Tunnel nicht fahren dürfen. Der Tunnel hat gerade mal 2 Spuren ohne auch nur den kleinsten Seitenstreifen. So unsinnig und nervig wie sich der Bus-Transfer durch den Tunnel für Radfahrer zunächst anhört, so einfach und entspannt ist die Tour. Nicht nur fantastisch unkompliziert und erfrischend freundlich beim beladen des Busses, sondern auch noch sehr preiswert. Ich glaube wir haben nicht mal 1€ für die 30 Kilometer Fahrt bezahlen müssen.

Barrancas Bomberos

Glücklich und zufrieden über diese einfache Busfahrt, ging es von Santa Fe aus weiter am Parana entlang zunächst Richtung Rosario. Etwa 20 Kilometer vor Barrancas trafen wir zeitgleich 2 belgische Radreisende (Pauline und Christoph) und Raffa, einen argentinischen Radladenbesitzer und Radsportler. So entstand ein fröhlicher französisch/spanisch/englisch/händeundfüsse-Sprachenmix. Vor lauter Freude und Aufregung hat Paulines Rad gleich einen Doppelplatten bekommen. Vorne und hinten gleichzeitig die Reifen platt, wir staunten nicht schlecht. Keine Ahnung wie so etwas geht. Wir kamen so mit Raffa mehr in Gespräch, der zufällig aus Barrancas kam, Hotels oder Camping nicht mag und uns kurzer Hand eine Unterkunft bei der freiwilligen Feuerwehr in Barrancas organisierte. Besser hätten wir es nicht treffen können, nicht nur eine kostenlose Unterkunft, sondern auch eine super nette dazu. Claribel hatte in dieser Nacht Wache und verbrachte gemeinsam mit uns den Abend und die Nacht. Neben Dusche und Bett versorgte uns Claribel auch noch mit leckerem Essen (zu dem wir lediglich ein paar Nudeln beisteuern durften). So wurde es ein verdammt netter Abend. Danke Claribel und Raffa!!!

Am nächsten Tag ging es weiter gen Süden. Wir schrammten knapp an Rosario vorbei und nahmen nun endlich Kurs in Richtung Pampa. Die Strecke war bisher wie Strecken an grossen Flüssen so sind, eher flach, viel Verkehr und recht dicht besiedelt. Jetzt aber verliessen wir den Parana, die Strecke blieb flach, der Verkehr liess langsam nach und die Besiedlung wurde deutlich magerer. Die Pampa begrüsste uns.

 La Pampa

La Pampa

Die Pampa, vorgestellt haben wir uns eine verdammt langweilige, eher trockene, eintönige und nahezu baumlose Landschaft (man hört ja immer so viel). Erlebt haben wir die Pampa teilweise auch so, aber auch wieder ganz anders. OK, landschaftliche Veränderungen ziehen sich über Kilometer. Und hier sind nicht 1 oder 2 gemeint, sondern vielmehr 150 bis 200. Aber dann ändert sich die Landschaft, ein bisschen. Und trocken wurde die Pampa auf unserer Strecke erst die letzten etwa 700 Kilometer. Vorher fuhren durch große Seenlandschaften mit vielen Vögeln, überraschend vielen Bäumen und stark landwirtschaftlich genutzte Flächen. Die Felder ziehen sich dann wieder ewig weit, so dass der Bauer hoffentlich einen Traktor hat mit dem man schneller als 25 kmh fahren kann, ansonsten braucht er einen Tag für den Hinweg. Angebaut wird hier viel Soja für den Export, Getreide und natürlich Steaks.

In unseren Augen ist die Pampa eigentlich ganz schön, das liegt vielleicht daran, das wir langezogene, einsame Strecken mit wenig Ablenkung mögen. Nüchtern betrachtet gibt es nicht viel zu „erleben“, wir sind mit dem Rad aber so langsam und müssen teilweisen jeden Ort nutzen um Wasser + Lebensmittel zu tanken oder dort gleich zu übernachten, dass einfach auch kleine Dinge auffallen. So sind z.B. die Orte tagsüber größtenteils wie ausgestorben, wahre Geisterstädte, gegen 19 Uhr etwa ändert sich es dann komplett. Die Stadt erwacht, es wird das Auto spazieren geführt (mehr oder minder immer im Kreis um den Marktplatz), die Eisläden sind überlaufen und ab 21 Uhr füllen sich so ganz langsam auch die Restaurants. Plötzlich hat dieselbe Stadt ein vollkommen anderes Gesicht. Um 17 Uhr menschenleer und 2 Stunden später entpuppt sich diese Stadt als fröhlich und gesellig mit vielen Menschen auf den Strassen und in den Restaurants. Mehrfach haben wir uns gefragt wo all die Leute denn so plötzlich herkommen.

Schwalbe Marathon Plus Tour Panne

Überrascht hat uns definitiv auch Offenheit und Herzlichkeit der Leute in der Pampa selbst. Waren die Menschen in Misiones zwar sehr freundlich aber auch wirklich zurückhaltend, änderte sich dies in der Pampa. Nicht ganz so auffällig wie bei dem Grenzübertritt von Brasilien nach Argentinien, aber dennoch deutlich und spürbar. Erwartet hätten wir (in dieser „eintönigen“ Gegend) noch mehr Zurückhaltung, Skepsis und Distanz. Genau andersherum haben wir es erlebt. In der Pampa trafen total offene, hilfsbereite Menschen. Wir wurden wieder sehr viel angesprochen, viele wollten alles über die Reise erfahren und natürlich musste ein Photo mit dem Tandem gemacht werden. Ich glaube 5 mal wurden wir von lokalen Radiosendern angesprochen für ein kurzes interview „live“ von der Strasse. Ein bisschen so trafen wir auch Matias. Dieses Treffen endete mit einer Einladung zu einem fantasischen BBQ, vielen neuen Bekanntschaften, Millionen Routeninfos und dem Transfer von uns + Tandem in seinem Pickup durch etwa 400km Wüste. Dafür mussten wir nur 3 Tage in Santa Rosa warten. DANKE Matias, Familie und Freunde. Es war ein klasse Wochenende und definitiv ein menschliches Highlight der Reise.

Nachdem wir von Matias in der Umgebung von Neuquen abgesetzt worden waren, zeigte sich die Pampa von ihrer trockenen Seite, das holländische Höhenprofil blieb erhalten, leider wurde komplett auf Bäume, und damit Schatten, verzichtet. Wüste halt. Die Erfrischungsstationen lagen jetzt sehr weit auseinander, wir mussten mit dem Wasser planen. Die Sonne war so intensiv, dass ich durch mein T-Shirt auf dem Rücken braun wurde. Irgendwann, nach unzähligen endlos langen Geraden, viel sengender Sonne und ausreichend Gegenwind, tauchten am „Ende der Pampa“ tatsächlich die ersten Züge der Anden auf. Ein klasse Blick, nach vielen heissen Stunden im Sattel, auf die schneebedeckten Gipfeln der Anden. Allerdings brauchten wir vom 1. Blick noch knapp 3 Tage bis wir wirklich da waren.

Ein Minuspunkt hat die Pampa, wir hatten unseren ersten Reifenschaden. Vollkommen grundlos hat der Schwalbe Marathon Tour Plus seinen Seitenhalt verloren. Was wirklich sehr schade ist, weil das Profil noch locker bis nach Südchile durchgehalten hätte und den Eindruck der Pampa etwas trübt. Zum Glück waren unsere Postboten noch nicht abgereist und konnten so für Ersatz sorgen.

Die Anden

Anden, freundlichSo schön ein Blick auf Berge auch immer ist, vor allem nach Wochen in der Ebene der Pampa, so anstrengend bleiben die Berge mit vollgepacktem Tandem auch immer zu fahren. Schon nach kurzer Strecke fragten wir uns, warum haben wir uns eigentlich darauf gefreut? Und warum planen wir die nächsten Wochen oder gar Monate durch die Bergen zu fahren? Bin sehr gespannt ob wir die Antwort finden.

Durch den Transfer mit Matias hatten wir etwas Zeit gewonnen und konnten uns so „erlauben“ auch die 7-Seen-Route durch die Anden zu fahren. Eine schöne Strecke durch eine Bergseenlandschaft, die bei sonnigem Wetter sicher wirklich klasse ist. Wir hatten leider kalten Wind und stark bedecktem Himmel mit immerhin nur ein bisschen Regen. Nach vielen Wochen der Sonne und warmen bis heissen Temperaturen, ließ nasskaltes Wetter den Blick für die Schönheit der Landschaften doch etwas verblassen. Schade eigentlich. Am Ende der 7 Seen-Route erreichten wir gründlich durchgefroren Bariloche und konnten 2 Tage später tatsächlich unsere Lieferung aus Deutschland entgegennehmen.

Unsere nächsten Ziele liegen in Chile, die Carretera Austral und Pinguine auf der Isla Magdalena, es sei denn irgendetwas anderes Schönes kommt dazwischen. In jedem Fall können wir mit der Reisegeschwindigkeit wieder etwas „runterfahren“.

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