Tandem WeltreiseEs war gerade mal 7:30 Uhr und wir bogen auf die Strasse G318 Richtung Litang ein. Unsere Karte war schlecht, trotzdem war klar, heute durften wir über den ersten 4000er Pass. Wir wussten aber nicht wirklich was uns auf den kommenden gut 90 km erwartete. Zuerst wurde schnell deutlich, wir hatten den „Lhasa-Bicycle-Highway“ gefunden. In China sind Fahrradreisen sehr populär. Das Land ist riesig und bietet irrsinnig viele wunderschöne Ziele mit allen vorstellbaren Landschaftsvarianten. Nur die Chinesen kennen bisher lediglich ein Ziel und das heisst Lhasa. Ganze Horden sind unterwegs, immer in voller ‚Fahrradkampfausrüstung‘ gekleidet – jedes Stückchen Haut bedeckt – unbegreiflich wie sie es bei diesen Temperaturen von 30° und mehr aushalten. Wir fuhren in T-Shirt + kurzer Hose und zeigten uns unbeeindruckt. Dieser Lhasa-Hype hat auch für uns gute Seiten. Die Leute die entlang dieser Lhasa-Strecken wohnen haben sich auf diesen Tourismus eingestellt. So gibt es viele Unterkunftsmöglichkeiten die meist ein sehr üppiges Abendbrot und leckeres Frühstück anbieten und auf der Strecke gibt es viele „Büdchen“ an denen man wunderbar seinen Kalorienhaushalt aufstocken kann. Auch fahren diverse Mini-Vans mit Fahrraddachträger entlang der Strecken und sammeln entkräftete Radfahrer ein. Dies tun sie natürlich nicht aus Nächstenliebe, sondern sie bringen die Eingesammelten zu ihren Gästehäusern. Das ist auch gut so, denn viele der Enthusiasten sind mit dem Streckenprofil deutlich überfordert. Obwohl alle mit sehr wenig Gepäck fahren und meist lediglich Wechselwäsche und Zahnbürste dabei haben, sind nur Wenige schneller als wir mit unserem schwer beladenem Tandem. Immer wieder treffen wir auf die selben Radfahrer. Auch uns tut es gut zu sehen, wie Andere sich abmühen. Zudem motiviert uns der Blick zurück um zu sehen wie eine Gruppe warm eingepackter Chinesen einige Haarnadelkurven unter uns am arbeiten ist. Natürlich werden auch wir überholt, dies Szenario drückt aber nicht unsere Motivation.

Tandem WeltreiseGegen Mittag war es dann endlich soweit, nach etwa 1100m Aufstieg erreichten wir den Pass auf 4412m. Die Stimmung war klasse, wie meistens hingen viele bunte Gebetsfahnen herum und alle waren erleichtert diesen Pass geschafft zu haben. Nach einem kleinen Zwischental und einem weiteren Pass ging es heftig hinunter. Zuerst auf einer feldwegartigen Strasse auf der wir kaum schneller als 30 rollen konnten. Danach allerdings kam die vielleicht beste Abfahrt unserer Reise. Vergleichbar mit einer Achterbahn kreiselte die Strasse ins Tal hinab. Der Belag war fantastisch, die Streckenführung genial, wir mussten kaum bremsen und konnten die Abfahrt bei Geschwindigkeiten zwischen 50-60kmh geniessen. Wie immer bei Abfahrten war es viel zu schnell vorüber und wir fanden uns auf „nur noch“ 2500m wieder. Im Tal war ein kleiner Ort in dem wir unsere Tagesvorräte für den nächsten Tag aufstockten. Wir hatten uns inzwischen Milan (eigentlich heisst der nette Kerl irgendwie anders, aber die chinesischen Namen haben keine Chance in unserem Kopf zu bleiben, und da er ein Shirt vom AC Milan trug, fanden wir Milan ganz passend) angeschlossen. Milan wollte in einem Gästehaus übernachten was eine Weiterfahrt von etwa 17 Kilometer bedeutete. Da es am nächsten Tag aber wieder auf 4680m hinauf gehen sollte, war es sicher schlau das Tal noch zu verlassen und ein paar Höhenmeter zu machen. Aus ein paar wurden etwa 700. Zu allem Überfluss warf die zu früh einsetzenden Regenzeit einige Regenschauer ein und die 17km erwiesen sich als deutlich steiler als erwartet. Wir mussten teilweise schieben und erreichten gegen 18:00 Uhr das Gästehaus. Milan hatte nicht zu viel versprochen, viele andere Lhasa-Radler waren da und auch viele Motorradfahren (natürlich auch mit Ziel Lhasa). Das angebotene Essen war reichlich und verdammt lecker, die Leute waren nett, die Zimmer super und hatten eine geniale Dusche, genau das brauchten wir nach diesem Tag.

Der nächste Tag begann mit einem reichhaltigem Frühstück und begrüßte uns direkt vor der Haustür mit einem langen Anstieg auf gut 4600m hinauf. Nach diesem Pass ging es den gesamten Tag immer nur rauf oder runter und wir bewegten uns immer auf etwa 4000m, landschaftlich sehr schön aber auch sehr anstrengend. Am Nachmittag überraschte uns die Regenzeit mit einem heftigem Gewitter, so dass wir sogar unsere Regenjacken bemühen mussten. Wieder schlossen wir uns Milan an und übernachteten in einem Gästehaus. Auch hier war das Essen sehr gut und sehr reichlich. Allerdings waren hier deutlich weniger Radfahrer, was wir als sehr angenehm empfanden, weil dann einfach mehr Ruhe für uns blieb.

Tandem WeltreiseUnser 3.Tag auf dem Lhasa-Bicycle-Highway sollte der Letzte sein. In Litang mussten wir die Strecke verlassen, weiter in Richtung Lhasa konnten wir nicht, uns fehlte die Genehmigung dafür. Der Tag sollte kurz sein, die Anstiege nicht mehr so hoch und wir planten vor dem Mittag Litang zu erreichen. Kurz vor Litang war dann aber der Tunnel gesperrt, so dass wir die Umgehungsstrasse nutzen mussten. Die Umgehungsstrasse verlief über einen kleinen Pass der etwa 600m oberhalb von dem Tunnel lag. So wurde es nichts mit dem Ankommen vor dem Mittag. Zu allem Überfluss war die Strasse in einem schlechten Zustand und eine verdammt lange Militärkolonne überholte uns. Allerdings war es noch überflüssiger, dass der wahrscheinlich fitteste Lhasa-Radler es durch den Tunnel schaffte, als einziger wohlgemerkt, und Milan ungeduldig kurz vor Litang empfang. In Litang hiess es Abschied nehmen von den Lhasa-Radlern. 3 nette, teilweise sehr lustige, Tage fanden hier ihr Ende.

4000, immer wieder

Auch wenn die 3 Tage auf dem Lhasa-Bicycle-Highway wirklich sehr nett waren, waren wir froh in Litang diese Route zu verlassen. Für uns ging es weiter gen Süden mit Ziel Lijiang. Auch wenn Lijiang nurOLYMPUS DIGITAL CAMERA noch auf etwa 2000m liegt, ging es für uns täglich rauf und runter. Mitgezählt haben wir leider nicht, aber die 4000m haben wir regelmässig weiter überquert. Wieviele Höhenmeter wir abradelten wissen wir auch nicht. Sicher ist wir waren auf etwas über 4700m. Wenn man jetzt bedenkt das das Basislager für den Mt. Everest auf 5300m liegt und die diesjährige Tour de France nicht einmal die 2200m erreicht hat, ist das schon nicht schlecht.

Die notwendige körperliche Anpassung an die Höhe hat unser Streckenprofil von Chengdu über Lixiang und Danba scheinbar ganz gut ergeben. Dort sind wir in ungefähr einer Woche von etwa 700m auf über 3300m hochgeklettert. Wobei es schnell von 700 auf 2700m hoch ging und sich dann um die 3000m einpendelte, natürlich immer wieder mit Ausflügen auf 3800 oder 2500m. So hatten wir zum Glück keine Höhenkrankheitsprobleme. Natürlich ist es verdammt anstrengend auf diese Höhe hinaufzufahren und auch in der Höhe zu radeln. Der fehlende Sauerstoff machte sich bei uns ab etwa 3700m bemerkbar und über 4400m wurde es dann wirlich zäh.

Landschaftlich war die Strecke bis nach Shangrila wirklich sehr schön und wir können diese nur empfehlen. Allerdings muss eine gesicherte Grundfitness vorhanden sein, ansonsten wird das Profil leicht zur Überforderung.

Lijiang

Nach Pingjao ist Lijiang für uns die 2. kleine Stadt mit einem alten Stadtkern, allerdings hält Lijiang einem Vergleich nicht wirklich Stand. Aus unserer Sicht natürlich. Lijiang ist wirklich extrem touristisch und war total voll als wir da waren. Alte Häuser sieht man tatsächlich viele und die Atmosphäre in der Stadt ist sehr schön, nur leider reihen sich Restaurant an Restaurant mit dazwischen Lädchen die entweder Trommeln, Kekse oder Postkarten verkaufen. Viel mehr ist nicht zu finden. Trotzdem blieben wir einen ganzen Tag in Lijiang. Nach den Anstrengungen der letzten Tage hatten wir einen Pausetag redlich verdient und mussten die verbrauchten Kräfte dringend erneuern. Wir fahren gerne mal durch die Berge, aber die hinter uns liegende Strecke war doch recht happig. Leider lief unser Visum in wenigen Tagen ab, so dass wir 2 Tage später in Dali eintrafen und vor dort mit dem Zug in Richtung Flughafen von Guangzhou fuhren. Der Abschied von China fiel uns schwer, uns hat es super gefallen in China und wir können jedem nur empfehlen dieses Land mit dem Fahrrad zu bereisen. Leider war aber unser Visum nicht mehr zu verlängern und die Option auszureisen, das Tandem in China zu lassen und auf ein neues Visum zu „hoffen“ um dann wieder einzureisen, fanden wir dann doch was riskant.

Bei der Reisplanung in Lanzhou waren wir über einen unverschämt günstigen Flug mit Malaysia Airlines (die hatten wohl nach den 2 „Abstürzen“ etwas Absatzprobleme) nach Darwin gestolpert. Diesen mussten wir einfach buchen, vor allem weil das Tandem als normales Gepäckstück eingecheckt werden konnte. So muss die Mongolei noch etwas auf unseren Besuch warten, dafür werden wir unsere letzte „offene“ Strecke in Australien schliessen. Die Mitte von „Down Under“ wartet, die Jahreszeit passt und wir freuen uns darauf.

 

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