nur vollkommen anders als geplant!!!!

ReiserouteEinige Jahre haben wir auf den Moment gewartet, diese Abfahrt. Mit dem Tandem eine gefühlte endlos lange Zeit durch Südamerika zu fahren, jetzt noch 17 Monate, um genau zu sein. Ein tolles Gefühl. Die Laune bei uns war entsprechend gut und die Freude groß.
Für unsere Verhältnisse hatten wir erstaunlich viele Planungen in den Start der Tour gesteckt. So war es kein Zufall zu dieser Jahreszeit in Porto Alegre zu starten. Wir erwarteten frühsommerliche Temperaturen um die 25 Grad mit nettem Sonnenschein. So die Idee, das war auch so an den ersten Tagen unseres Aufenthaltes, heute aber am Abfahrtstag schien sich auch das Wetter zu freuen. Die Temperaturen machten eine Freudensprung und waren am Vormittag schon bei gut 30 Grad um ab mittags bei 39 Grad ihren Höhepunkt zu finden, auch die Sonne lachte mehr als freundlich vom Himmel. Aber was solls, wir haben Australien überstanden, da wird es hier auch gehen.
Weiter hatten wir geplant westlich aus Porto Alegre an einem Fluss entlang herauszufahren und diesem Fluss ein paar Tage zu folgen. Flüsse versprachen immer etwas einfacheres Streckenprofil als direkt in die Berge zu radeln, genau passend zu unserem Fitnesszustand also. Erstmal den Körper gewöhnen, war die Idee.
Dieser Plan wurde durch die vielen „Porto Alegre Informationen“ durchkreuzt, also fuhren wir nicht westlich sondern nördlich heraus. Nördlich hiess Richtung Nationalpark mit Bergen und tollen Schluchten, dass reizte uns einfach zu sehr.

Richtung Norden

der rettende ImbissAlso fuhren wir gen Norden. Nach etwa 65 Kilometern durch die Hitze, Staub und Stadtverkehr waren wir heilfroh nur noch etwa 10 Kilometer vor uns zu haben. Zu allem Überfluss kamen nun schon die ersten Ausläufer der für morgen geplanten Berge. Für uns bedeutete das immer fröhlich rauf und runter. Der Schweiß floss in Strömen, die Kräfte schwanden und wir sehnten Taquara herbei. Die Rettung kam in Form eines „Imbisses“. Der „Imbiss“ bot viele unterschiedliche kalte Getränke. Also bestellten wir mit unsere ausgereiften Portugiesisch 2 COKE, bekamen tatsächlich auch eine und 2 Zuckerrohrsäfte, diese immerhin frisch (vor unseren Augen) gepresst. Irgendwie hat der Verkäufer unsere Bestellung falsch verstanden oder frei interpretiert, uns war es egal. Kurz überlegten wir dies zu korrigieren, aber direkt nach uns kam ein Rennradfahrer und bestellte genau so ein Zuckerrohrsaft, scheinbar war er genau hierfür gekommen. So waren alle Zweifel beseitigt und so tranken auch wir den Zuckerrohrsaft. Der Verkäufer erklärte uns mit Händen und Füssen, dass die Energie des Saftes locker für 200 KM auf dem Tandem reichen sollte. Tatsächlich schmeckte der Saft frisch, nicht allzu süß, eigentlich ganz lecker und die „Energie“ reichte auf jeden Fall noch bis nach Taquara, ob noch weitere 192 KM drin gewesen wären????
Der 2.Tag, war noch besser und anstrengender. Jetzt hiess es hinauf auf 1000 Meter, das bedeutete für uns mehr als 1000 Höhenmeter nach oben, glücklicherweise hatte das Wetter ein einsehen und kühlte auf ungefähr 34 hinunter. Keine Riesenerleichterung aber deutlich besser auszuhalten, zudem ging es viel durch schattige Wälder. Dennoch waren wir heilfroh als wir endlich oben ankamen und buchten uns zur Feier des Tages in eine sehr schön gelegene Ferienhausanlage ein.

Immer diese Hitze

Trinke, trinken, trinken

Am 3.Tag freuten wir uns auf die Hochebene, im leicht hügeligem Gelände entspannt zu radeln, etwa 80 KM bis Cambara do Sul. Auch hier wurden wir von Brasilien überlistet, es waren zwar etwa 80 KM, aber es ging entweder kräftig bergauf oder rasant bergab, nix war mit entspannt radeln, sondern es wurde ein 3. sehr anstrengender Tag, und das wieder mit Temperaturen jenseits der 30 Grad. Wieder ein Tag an dem wir durstig, müde und ausgelaugt am Ziel ankamen. Wir sind einfach noch nicht an diese Anstrengung in der Hitze gewöhnt. Den ganzen Tag müssen wir uns zwingen ausreichend Wasser zu trinken, spätestens ab mittags schmeckt dieses 30 Grad warme Wasser überhaupt nicht mehr. Trotzdem müssen über den Tag etwa 5-6 Liter Flüssigkeit/Wasser hinein.
Am 4.Tag waren unsere Körper durchschnittlich motiviert die anstehenden etwa 80 KM inkl. 50 KM Offroad-Piste anzugehen. Entsprechend spät waren wir startbereit, die Hitze war auch wieder da aber zum Glück wussten wir den Weg aus dem Dorf heraus nicht genau. Verfahren wollten wir uns nicht, also fragten wir einen Mann, der auf einer Bank vor dem ortsansässigem Traditions-Wollgeschäft saß. Zur Überraschung sprach er ein fantastisches Englisch, den Weg wusste er zwar nicht, trotzdem rettete er unseren Tag. Jeff hiess der Mann und war Leiter einer brasilianischen Filmcrew. Seine Crew und er drehten eine Dokumentation über die Region in der wir gerade waren. Spontan wollte er uns unbedingt in die Doku einbauen, einfach weil er so begeistert von dem Tandem und unserer Reise war. Einer Reise die noch in den Kinderschuhen steckt, aber die Idee nach Patagonien mit dem Tandem zu radeln fand Jeff vollkommen absurd und unvorstellbar. Ein Interview sollte es mindestens sein, so Jeffs Meinung. Als Lohn forderten wir einen heissen Kaffee. Jeff akzeptierte, besorgte 2 Kaffee und schwupp waren wir Teil der Dokumentationsaufnahmen. Unser Einstieg ins Filmgeschäft kostete uns gute 2-3 Stunden, insgesamt so viel, dass es wirklich zu spät war um diese Offroad-Piste noch anzugehen. Spontan blieben wir diesen Tag also in Cambara du Sul.

Sonne, Gewitter, Nebel

In den folgenden Tagen fuhren wir etwas weniger steil rauf und runter, dafür mischten sich teilweise wirklich üble Pisten unter unsere Strecken. Landschaftlich oft traumhaft, dschungelartig und schön einsam, nur die in Schwärmen auftretende faustgrosse Steine auf den Wegen, schmälerten den Genuss teilweise beträchtlich.
In das Wetter begann sich nun auch eine Kaltfront aus dem Süden einzumischen. Für uns hatte das lustige Effekte. Seit dem erleben wir täglich mind. 1 Gewitter, oft begleitet von wahrlich heftigen Regengüssen inkl. kleiner Bäche auf den Strassen und Pisten. Ist der Regen dann fertig, kommt die Sonne zurück, erhitzt das ganze Wasser und die Luftfeuchtigkeit springt nach oben. In den Bergen und Schluchten mit dem Effekt, dass Nebel in wenigen Minuten uns die gesamte Sicht nimmt. Warm ist es dabei übrigens die ganze Zeit.
AutobahnIrgendwann dann auch mal am Atlantik angekommen, das Wetter tendierte nun immer stärker in Richtung Kaltfront. In Imbituba wollten wir (wie von Porte Alegre geplant), Wale beobachten und ein bisschen aufs Wasser (Kite surfen). Beides sollte in Imbituba hervorragend möglich sein. Wale haben wir schon in anderen Ecken dieser Erde beobachtet, wir wissen also wie das läuft, unproblematisch nämlich. So buchten wir 2 Nächte in einem Hostel und haben gleich in der Touristeninformation gefragt wie man denn hier nun die Wale sehen kann. Antwort: „Wale sind nur von Juli bis November hier, jetzt ist nicht die beste Zeit. Wale sehen kann man direkt hier vom Strand.“ Irgendwie schwächelte unser portugiesisch an dieser Stelle scheinbar. Wir kennen es eigentlich so: Es fahren kleine Boote von Tourenanbietern (mit einer Walbeobachtungs-Lizenz) hinaus und suchen, finden, zeigen einem die Wale. Diese Idee war hier nicht zu finden. Hier gab es Strände von denen die Wale zu sehen sein sollten, es blieb leider bei dem SOLLTEN. OK dann halt ohne Wale. Am nächsten Tag also weiter zu den Kite-Schulen, nur 15 Kilometer radeln. Wind war nicht in Mengen vorhanden, sollte aber ausreichen und wurde eigentlich zum Nachmittag immer mehr. Der Spot sah klasse aus, eine Lagune mit grossem Steh- und Flachwasserbereich plus einer schönen kleinen Ausfahrt in den Atlantik. Hier warteten Wellen in einer reizvollen und für uns bezwingbaren Grösse. So aßen wir also Mittag in einer kleinen Strandbar, um danach dann zur Kite-Schule auf der „Rückseite“ zu radeln. Dort Material leihen, Spass haben und vielleicht ein paar Tage bleiben. So die Idee. Brasilien hatte eine Andere, die hiess: Kite-Schule zu, keine Saison, Kite-Idee geplatzt. Schade eigentlich, aber jetzt noch ein paar Wochen bis zum Saisonstart warten machte auch keinen Sinn. Immerhin gab es auch eine gute Nachricht, der aufkommende Wind entpuppte sich als Rückenwind und so schafften wir entspannt viele Kilometer auf der brasilianischen Autobahn. Die Autobahn ist hier nicht wirklich eine Autobahn, 4-spurig ja, aber mit extra breitem Streifen versorgt, das Radeln ist erlaubt und zum „Strecke machen“ hervorragend geeignet.
Wir sind jetzt wieder in den Bergen, irgendwo westlich von Florianoplis, auch das war eine anstrengende Fahrt auf 800 Meter hinauf. Wir sind aber deutlich besser eingestellt und die Hitze ist inzwischen wieder angenehmeren Temperaturen gewichen. Als kleines Brasilienzwischenfazit können wir nur schwärmen: Wir treffen hier nur oberfreundliche Leute, wir wurden schon mehrfach eingeladen zum Kaffee, Kuchen oder sonstigen Getränken, in einem Restaurant wurde einfach unsere Rechnung übernommen usw. Landschaftlich ist es wirklich klasse, für uns die tropischte Ecke in der wir bisher geradelt sind, der Verkehr fernab grosser Städte ist absolut gut. Bislang empfinden wir es als überhaupt nicht gefährlich, auch wenn die allgegenwärtige Vorsicht und Angst vor der Kriminalität fast ansteckend ist. Kurz: Warum sind wir eigentlich nicht schon mal vorher hier hergekommen??? Wir haben keine Ahnung.
Ein verdammt langer Beitrag, deutet auf verdammt viel Zeit hin. Die haben wir gerade. Warum, wieso, weshalb ist aber ein anderes Thema und reicht für einen neuen Eintrag in den nächsten Tagen irgendwann.
Hier noch ein paar Bilder, so denn es die Internetverbindung hier in unserem Dorf zulässt.

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